PatientInneninformation – Bitte sorgfältig lesen!
Liebe Patientin, lieber Patient,
bitte lesen Sie folgendes Informationsblatt aufmerksam durch. Es enthält wichtige Hinweise darüber, was Sie bei der Anwendung einer psychotherapeutischen Behandlung beachten sollten. Wenden Sie sich bei Fragen bitte an Ihren Psychotherapeuten/Ihre Psychotherapeutin.
PSYCHOTHERAPEUTISCHE BEHANDLUNG
Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie ist ein eigenständiges Heilverfahren im Gesundheitsbereich für die Behandlung von psychischen, psychosozialen oder psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen. Sie besteht gleichberechtigt neben anderen Heilverfahren, wie z.B. der medizinischen oder der klinisch-psychologischen Behandlung. Die Ausübung der Psychotherapie ist durch das österreichische Psychotherapiegesetz geregelt. Im Zentrum stehen das Gespräch und der Austausch zwischen PsychotherapeutIn und PatientIn. Je nach psychotherapeutischer Methode kann dieser Austausch durch Übungen und andere Interventionen unterstützt und gefördert werden.
Formen der Psychotherapie?
Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapie.
Wie und wodurch wirkt Psychotherapie und wie verläuft sie?
Psychotherapie kann kurativ (heilend), palliativ (lindernd), gesundheitsfördernd, präventiv (vorbeugend) und persönlichkeitsentwickelnd wirken. Belegte Wirkfaktoren sind therapeutische Beziehung, einfühlendes Verstehen, emotionale Annahme und Stütze durch den Psychotherapeuten/die Psychotherapeutin.
Darüber hinaus wirkt Psychotherapie durch die Förderung des emotionalen Ausdrucks, die Förderung von Einsichts- und Sinneserleben, die Förderung kommunikativer Kompetenz und Beziehungsfähigkeit, die Förderung der Bewusstheit, Selbstregulation, die Förderung von Lernmöglichkeiten, Lernprozessen und Interessen, ebenso durch die Förderung kreativer Erlebnismöglichkeiten sowie die Erarbeitung von positiven Zukunftsperspektiven. Sehr entscheidend sind auch die Förderung eines positiven persönlichen Wertebezuges sowie die Förderung tragfähiger sozialer Netzwerke und Erfahrungen der Zusammengehörigkeit.
In der Regel verläuft Psychotherapie folgendermaßen: Der/die PatientIn beschreibt in einem Erstkontakt die Beschwerden; dabei sollten auch seine/ihre Erwartungen und Motivationen besprochen werden. Danach erfolgen die therapeutischen Interventionen, manchmal unter Einbezug des Umfelds und der Lebensgeschichte des Patienten/der Patientin. In einer gemeinsamen Reflexion zwischen PatientIn und TherapeutIn wird das zuvor Bearbeitete integriert, um die Umsetzung des Erfahrenen oder Erlernten im Alltag zu fördern. Eine ambulante Psychotherapie – wie hier beschrieben ist in einigen Aspekten zu unterscheiden von einer stationären Psychotherapie, in der der/die PatientIn z. B. durch ein TherapeutInnenteam betreut wird.
Wann wird Psychotherapie durchgeführt?
– Bei psychischen Störungen oder psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungen aller Altersgruppen: Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, posttraumatischen Stresszuständen, Suchtproblemen, Verhaltensstörungen, Sexualstörungen, Schulversagen, Ängsten (Phobien, Panikattacken), Lernstörungen, Dissozialität, Ablösungs-, Trennungs- und Verlustproblematiken und ihren somatischen und psychischen Folgen.
– Bei Störungen und Erkrankungen infolge allgemeiner Lebens- bzw. Veränderungskrisen, in denen der/die PatientIn das Gefühl hat, damit alleine nicht mehr zurechtzukommen.
– Für die Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden.
– Unterstützend bei einer medikamentösen Behandlung.
In welchen Fällen reicht Psychotherapie nicht bzw. nur unter Vorbehalt aus?
Begrenzungen in der psychotherapeutischen Behandlung sind dann gegeben, wenn Störungsbilder zuerst bzw. begleitend eine medizinische Maßnahme erfordern.
Worauf sollten Sie bei Beginn einer Psychotherapie achten?
In Österreich gibt es 23 anerkannte wissenschaftlichpsychotherapeutische Methoden (laut www.bmg.gv.at: 28.08.2014), die sich grob in vier Richtungen zusammenfassen lassen: tiefenpsychologisch-psychodynamisch, humanistisch, systemisch und verhaltenstherapeutisch.
Es wird empfohlen, sich vor Beginn der Therapie über die verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren zu informieren (siehe Broschüre des Gesundheitsministeriums, Homepage des Bundesverbandes für Psychotherapie bzw. Netzwerk Psychosomatik).
Der Beginn einer Psychotherapie soll auf die freie Entscheidung des Patienten/der Patientin hin erfolgen. Er/sie soll das Gefühl haben, dem Therapeuten/der Therapeutin vertrauen zu können.
Das psychotherapeutische Verfahren sollte mit seinen Methoden, Techniken und Rahmenbedingungen von dem Patienten/der Patientin gut annehmbar sein.
Zu Beginn der Therapie hat der/die PsychotherapeutIn mit dem Patienten/der Patientin in einem partnerschaftlichen Übereinkommen auszuhandeln, warum Psychotherapie in Anspruch genommen wird, welche Ziele im Rahmen der Therapie erreicht werden sollen und woran der Therapieerfolg nach Abschluss der Behandlung gemessen werden soll. Ein von PatientInnen mitgestalteter Therapieprozess hat sich für die Gesundung als hilfreich erwiesen.
Wie oft?
Frequenz und Dauer der psychotherapeutischen Behandlung
Frequenz und Dauer hängen vom jeweiligen Störungsbild bzw. von der Lebenssituation des Patienten/der Patientin ab und fallen je nach angewandter Methode unterschiedlich aus.
Die Dauer der psychotherapeutischen Behandlung ist zu begründen.
Der/die PatientIn kann jederzeit die Therapie beenden oder den Therapeuten/die Therapeutin wechseln, sollte dies aber mit dem aktuellen Psychotherapeuten/der aktuellen Psychotherapeutin vorher besprechen.
Was müssen PatientInnen beachten?
Rechte und Pflichten bei einer psychotherapeutischen Behandlung und besondere Hinweise
– Zu Beginn ist ein „Therapievertrag“ (mündlich oder schriftlich) bezüglich Vorgangsweise und Ziel(e) der Psychotherapie zwischen PatientIn und PsychotherapeutIn zu vereinbaren.
– Die Höhe des Honorars und der Zahlungsmodus sollen im Verlauf des Erstgesprächs geklärt werden. Es gibt auch die Möglichkeit, Psychotherapie von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen.
– In der Therapie ist der respektvolle Umgang mit den Wünschen des Patienten/der Patientin unabdingbar.
– Der/die PatientIn hat ein Recht darauf, dass der/die PsychotherapeutIn Fragen zum therapeutischen Vorgehen beantwortet.
– PsychotherapeutInnen dürfen nicht ihre persönlichen, wirtschaftlichen oder sexuellen Interessen gegenüber PatientInnen verfolgen.
– Die Psychotherapie sollte langfristig soziale Kontakte fördern und nicht belasten.
– Der/die TherapeutIn hat laut dem Psychotherapiegesetz Berufspflichten wie z.B. Weiterbildung und Verschwiegenheit. Jeder/jede PsychotherapeutIn soll zudem regelmäßig Supervision in Anspruch nehmen.
– Esoterische Verfahren dürfen im Rahmen von Psychotherapie nicht angewendet werden.
Wechselwirkungen von Psychotherapie
Wenn der/die PatientIn zur selben Zeit mehrere Psychotherapien oder psychosoziale Beratungen in Anspruch nimmt, kann dies zu unerwünschten Wirkungen führen. Ausnahmen können dann angezeigt sein, wenn in Absprache mit dem Therapeuten/der Therapeutin im selben Zeitrahmen eine Gruppenpsychotherapie in Anspruch genommen wird.
Neben-Wirkungen von Psychotherapie
– Es kann Phasen der Symptomverschlechterung geben.
– Es können Phasen von Selbstüberschätzung und/oder Selbstzweifel eintreten.
– Partnerschaftliche, familiäre und freundschaftliche Beziehungen können sich verändern, verbessern oder verschlechtern.
– Berufliche Veränderungen in positiver und negativer Weise können auftreten.
In der Therapie ist dies mit dem Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin zu besprechen.
Welche unerwünschten Wirkungen können durch Psychotherapie auftreten?
– Finanzielle und zeitliche Belastung.
– Verstrickungen in der Beziehung zum Psychotherapeuten/zur Psychotherapeutin die psychotherapeutische Beziehung ist keine private, sondern eine bezahlte Arbeitsbeziehung.
– Wenn unerwünschte Wirkungen und/oder keine Veränderungen in Richtung der gestellten Therapieziele eintreten, wird Folgendes empfohlen:
1. Ansprechen der Problematik mit dem Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin
Wenn keine zufriedenstellende Reaktion von Seiten des Therapeuten/der Therapeutin erfolgt:
2. Ansprechen der Problematik mit anderen fachlich kompetenten Personen, z. B. in Beratungsstellen etc.
3. Eventuell nochmalige/zusätzliche medizinische Abklärung.
4. Einen PsychotherapeutInnenwechsel in Betracht ziehen.
Für Fragen stehen sowohl Ihr/Ihre PsychotherapeutIn als auch die jeweiligen Landesverbände des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP) zur Verfügung: www.psychotherapie.at
Donau-Universität Krems
Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30, 3500 Krems, Austria www.donau-uni.ac.at/psymed
Version_10_September 2014 auf Basis des Forschungsprojektes „Risiko, Nebenwirkungen und Schäden durch Psychotherapie“ 2007–2012